04. Jun 2025, KI im Design
KI erzeugt Bilder auf Knopfdruck – doch gute Gestaltung entsteht nicht zufällig. Sie beruht auf Haltung, Intuition, Entscheidungen. Ein persönlicher Einblick in das, was Design ausmacht – und was Maschinen (noch) nicht leisten können.
Neulich besuchte ich einen Vortrag des Philosophen Christian Uhle zum Thema Künstliche Intelligenz. Er zeigte ein Bild, das mit einer KI erstellt worden war – die Aufgabe: die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine visuell darzustellen. Ich war noch mitten in der Bildanalyse: Warum war da ein Lichtstrahl im Herzbereich des Roboters? Welche Symbolik? Welche visuelle Sprache? Warum hatte die KI dieses Bild so erstellt?
Doch Christian Uhle fragte das Publikum schlicht: „Wer hätte dieses Bild selbst gestalten können?“ – Nur eine Person meldete sich.
Ich hätte mich auch melden können. Nicht, weil ich genau dieses Bild gestaltet hätte – sondern, weil ich als Gestalterin in der Lage bin, so ein Thema zu interpretieren und visuell zu übersetzen. Sicherlich auf andere Weise. Vermutlich in einer längeren Zeiteinheit.
Aber in diesem Moment wurde mir etwas anderes klar: Für viele Menschen zählt vor allem das Ergebnis, ein Bild – nicht der Weg dorthin und vermutlich nicht einmal die genaue Anordnung oder Bedeutung der Details.
In einer Welt, in der KI auf Knopfdruck Bilder erzeugt, wirkt Gestaltung plötzlich wie etwas, das sich automatisieren lässt. Doch was dabei oft übersehen wird: Gestaltung ist kein rein technischer Vorgang. Sie ist ein Prozess, eine Haltung – und lebt davon, Entscheidungen zu treffen.
Eine KI gibt auf Basis von Daten Vorschläge aus. Als Gestalterin treffe ich dagegen bewusste Entscheidungen – je nachdem, für wen, für welchen Kontext, für welche Wirkung. Einiges davon basiert auf gelernten Regeln, die auch eine KI anwenden kann. Vieles entsteht intuitiv – aus dem Verständnis für meinen Kunden, für das Thema. Doch das meiste ergibt sich aus einem bewussten Für und Wider im Gestaltungsprozess – einem Abwägen, das sich nicht automatisieren lässt.
Ich bin der KI gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen. Gerade im kreativen Prozess kann sie Impulse geben, die spannend sind – weil sie Kombinationen erzeugt, die ich selbst vielleicht nie bewusst gesucht hätte.
Für eine Maschine sind solche Grenzbereiche nur wahrscheinliche Variationen. Für mich als Mensch sind sie manchmal der Anfang einer neuen Idee. Denn auch das gehört für mich zur Gestaltung: Zufall, Experiment, das bewusste Erkunden von Unschärfen. Nicht alles ist planbar. Oft entsteht Neues dort, wo etwas nicht ganz passt oder ungewohnt wirkt. KI kann solche Räume aufzeigen – aber nicht füllen. Denn das, was daraus Bedeutung macht, entsteht erst durch menschliche Entscheidung.
Ein Beispiel, das mir im Alltag begegnet ist: Ein Gründer möchte ein Logo für sein Unternehmen. Statt einen Gestalter zu beauftragen, nutzt er einen kostenlosen Online-Logo-Generator. Ein paar Klicks, Icons, Schriftarten, Farbvarianten – und das Ergebnis wirkt auf den ersten Blick professionell.
Aber:
Was wie Gestaltung aussieht, ist ohne strategische Entscheidungen nur Oberfläche. Ohne Substanz. Ohne Bedeutung. Ohne Haltung.
Warum das nicht egal ist:
Wenn Gestaltung nur noch als „schnell sichtbar machen“ verstanden wird, verlieren wir etwas Wertvolles: die Fähigkeit, zu kommunizieren, zu vermitteln, zu verbinden.
Ein Logo ist keine hübsche Form.
Es ist ein Zeichen, ein Versprechen, ein Anker im Gedächtnis.
Es ist kein dekoratives Detail, sondern eine Entscheidung mit Wirkung – für Kontext, Haltung und Zukunft. Was auf den ersten Blick funktioniert, kann auf den zweiten schwach werden – wenn Substanz fehlt.
Gestaltung bedeutet für mich nicht, etwas „irgendwie sichtbar“ zu machen – sondern sinnvoll sichtbar.
Ein Logo allein macht noch keine Gestaltung aus. Dazu gehört ein ganzer visueller Baukasten – Farben, Formen, Schriften, die konsistent angewendet werden und in unterschiedlichen Medien funktionieren müssen. Sie stehen für mehr als Ästhetik: Sie übersetzen die Philosophie eines Unternehmens in eine visuelle Sprache.
Heute kann fast jeder mit wenigen Klicks ein Bild erstellen – und manche Ergebnisse sind visuell durchaus beeindruckend. Aber der Unterschied liegt nicht nur im Ergebnis, sondern in der kritischen Reflexion:
Was passt? Warum genau so? Und: Für wen?
Gute Gestalter*innen bringen hier jahrelange Erfahrung ein. Sie denken in Systemen, nicht nur in Formen. Sie wägen ab, entscheiden bewusst. Das heißt nicht, dass man nicht auch mit einfachen Mitteln gute Resultate erzielen kann – wenn man sie mit Bewusstsein einsetzt.
Und ja, manchmal reicht ein schönes Bild. Wenn es sich um das Kindergartenfest des Sohnes handelt, das einmalig und in kleinem Rahmen stattfindet – braucht es vielleicht keine große visuelle Strategie.
Aber: Wenn Kommunikation tragen, wirken und wiedererkennbar bleiben soll – dann lohnt es sich, auf gestalterische Erfahrung zurückzugreifen.
Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, nur Dinge hübsch zu machen. Sondern darin, visuell zu denken, zu analysieren, zu übersetzen – und gestalterisch Klarheit zu schaffen. Dinge sinnstiftend sichtbar zu machen. Nicht nur schnell. Ich gestalte nicht nur Bilder – ich gestalte Bedeutung.
Wenn dich das anspricht – vielleicht, weil du jemanden suchst, der so arbeitet. Oder weil du als Kolleg*in ähnlich denkst. Dann meld dich gern. Ich freue mich über Austausch, Zusammenarbeit oder einfach ein gutes Gespräch.
Gestaltung braucht Haltung – und manchmal beginnt sie mit einem Gespräch.